Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1868 06.03.2013
Antrag
Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Selbstbestimmung von Frauen stärken – rezeptfreie Abgabe der „Pille danach“ Der Landtag wolle beschließen: 1. Der Landtag stellt fest, dass die rezeptfreie Abgabe postkoitaler Kontrazeptiva
(Notfallverhütung) mit dem Wirkstoff Levonorgestrel eine selbstbestimmte Sexua-lität insbesondere von Frauen befördert und ungewollte Schwangerschaften ver-hindert.
2. Daher wird die Landesregierung beauftragt im Bundesrat eine Initiative zur Ände-
rung der Arzneimittelverschreibungsverordnung einzubringen bzw. sich einer sol-chen anzuschließen, die eine Aufhebung der Verschreibungspflicht der so ge-nannten „Pille danach“ durch die Bundesregierung anstrebt.
Begründung
Das Recht auf sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung sowie das Recht auf den Zugang zu angemessenen Methoden der Familienplanung gemäß dem auch von Deutschland ratifizierten UN-Sozialpakt bilden die Grundlage für diesen Antrag. Die Fachgremien sind sich darin einig, die Rezeptpflicht für postkoitale Kontrazeptiva (Notfallverhütung) mit dem Wirkstoff Levonorgestrel aufzuheben. Sowohl die Weltge- sundheitsorganisation (WHO), das Europäische Parlament und der Sachverständi- genausschuss für Verschreibungspflicht beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) empfehlen bereits seit Jahren die rezeptfreie Abgabe die- ser so genannten „Pille danach“. 28 europäische Länder sind dieser Empfehlung bis heute gefolgt. Deutschland bisher noch nicht, obwohl die Bundesregierung anhand der Studienlage die Anwendungssicherheit als hoch bewertet; etwa laut der WHO sind Nebenwirkungen selten und meist mild. Die „Pille danach“ ermöglicht eine postkoitale Verhütung von Schwangerschaften nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr, Verhütungsfehlern oder Vergewaltigun- gen. Sie verhindert die Einnistung der Eizelle ähnlich der gewöhnlichen Antibabypille und ist daher keine „Abtreibungspille“. Die Voraussetzung für die rezeptfreie Abgabe der „Pille danach“ ist eine Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung, wozu der Deutsche Bundestag vom Bun-
desrat aufgefordert werden soll. Ziel ist die Entlassung des Arzneimittels aus der Verschreibungspflicht, nicht aber dessen freie Verkäuflichkeit. Die „Pille danach“ soll apothekenpflichtig bleiben und nach dortiger fachkundiger Beratung abgegeben wer-den können. Dieses Ansinnen baut Schranken bei der Anwendung der „Pille danach“ ab. Diese muss nämlich möglichst bald nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr einge-nommen werden. Das Aufsuchen eines Arztes/einer Ärztin erschwert und verzögert die Einnahme. Erreichbarkeit und Sprechzeiten der betreffenden Ärzte und Ärztinnen sind nicht immer gewährleistet. Auch wird vor der Verschreibung des Rezeptes oft-mals ein Schwangerschaftstest von dem Arzt/von der Ärztin gemacht, der für die Pa-tientin kostenpflichtig ist. Apotheken gewährleisten neben der Beratungsleistung auch eine gute zeitliche und örtliche Erreichbarkeit. Insbesondere in Sachsen-Anhalt mit seiner hohen Anzahl an Schwangerschaftsabbrüchen und der bundesweit höchs-ten Anzahl an minderjährigen Müttern ist ein niedrigschwelliger Zugang zu Notfall-verhütungsmitteln geboten. Dies veranlasste etwa den Landesverband von Pro Fa-milia Sachsen-Anhalt zu einer entsprechenden Kampagne. Selbstverständlich sollte die Erstattungsfähigkeit der „Pille danach“ ähnlich wie bei der Antibabypille durch die gesetzliche Krankenversicherung bis zum vollendeten 20. Lebensjahr erhalten bleiben. Auch die gute Kampagnenarbeit der Bundeszentra-le für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) soll weitergeführt und zukünftig die „Pille danach“ verstärkt aufgreifen. Laut der Antwort auf die Kleine Anfrage „Verfügbarkeit von Verhütungsmitteln in Sachsen-Anhalt“ (Drs. 6/777) befindet sich die Landesregierung bezüglich der Re-zeptfreiheit der „Pille danach“ noch im Meinungsbildungsprozess. Da die Antwort auf die Kleine Anfrage am 31. Januar 2012 erfolgte, sollte dieser nun positiv abgeschlos-sen werden und in einer Bundesratsinitiative münden. Prof. Dr. Claudia Dalbert Fraktionsvorsitzende
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