03. November 2011 Gefährliche Nebenwirkungen Forscher warnen vor Rauchstopp-Pille Champix Ein Medikament zur Rauchentwöhnung gerät immer stärker in den Verdacht, dramatische Nebenwirkungen zu haben: In einer neuen US-Studie hat sich gezeigt, dass die Raucherpille Champix zu Depressionen und sogar suizidalem Verhalten führen kann. Die Liste weiterer negativer Effekte ist lang.
Hamburg - Als das Mittel mit dem Wirkstoff Vareniclin 2007 in Deutschland auf den Markt kam, waren die Hoffnungen groß. Wer daunter dem Namen Champix vermarktete Medikament einnehme, dem sollte das Aufhören mit dem Rauchen deutlich häufiger gelingen als denen, die auf einen kalten Entzug setzen.
Allerdings war seinerzeit schon klar, dass es zu Nebenwirkungen kommen kann. Zuerst standen Übe Magen-Darm-Probleme wie Blähungen oder Verstopfung, Bluthochdruck sowie Geschmacksstörungen auf der Liste. Später kamen weitaus dramatischere Nebenwirkungen dazu: schwere Herz-Kreislauf-Proble
US-Forscher um Thomas Moore vom Institute of Safe Medication Practices berichten jetzt im über einen deutlichen Zusammenhang der Medikamenteneinnahme mit Depressionen und Selbsttötungen.
Die Wissenschaftler sammelten in einer Datenbank der US-Arzneimittelbehörde FDA all jene Fälle, in denen Hersteller, Ärzte oder Konsumenten eine schwere Nebenwirkung gemeldet hatten, die mit dem Medikament in Zusammenhang stehen könnte. Dies taten sie nicht nur für Champix, sondern auch für Zyban (Wirkstoff Bupropion), ein ebenfalls zur Rauchentwöhnung eingesetztes Medikament, sowie für Nikotinersatzprodukte, also Kaugummis und Pflaster.
Letztere dienten dabei zur Kontrolle: Die Forscher nehmen an, dass Nikotinersatzprodukte an sich die Verhaltensprobleme nicht auslösen. Gemeldete Fälle spiegeln also quasi das Risiko der Gruppe der aufhörenden Raucher an sich wider. Ein Stolperstein bei der Auswertung ist, dass sich bei solchen Fällen nicht immer herausfinden lässt, ob das Medikament auch für das medizinische Problem verantwortlich war.
"Risiken übersteigen definitiv den Nutzen"
Die Daten stammten aus den Jahren 1998 bis 2010 - wobei Champix in den USA erst 2006 auf den Markt kam. Das Resultat war deutlich: Insgesamt gab es 13.243 Fälle schwerer Nebenwirkungen. Bei 3249, also rund einem Viertel, hatten die Betroffenen eentwickelt, sich selbst verletzt, einen Suizidversuch unternommen oder waren infolge eines Suizids verstorben.
2925 dieser Fälle standen in Zusammenhang mit Champix, 229 mit Zyban und 95 mit Nikotinersatzstoffen. 295 Menschen, die Champix eingenommen hatten, hatten sich umgebracht.
Leider lässt sich daraus nicht direkt schließen, wie hoch der Anteil derer ist, die bei einer Einnahme von Champix depressiv werden oder einen Selbstmordversuch unternehmen. Um das herauszufinden, wäre eine andere, großangelegte Studie nötig. Die Zulassungsstudien, bei denen nur wenige tausend Probanden das Mittel nahmen, waren dafür nicht groß genug.
"Die Risiken übersteigen definitiv den Nutzen", sagt der an der Studie beteiligte Forscher Curt Furberg von der Wake Forest School of Medicine in Winston-Salem.
Suizidales Verhalten oder Depression seien zudem bei weitem nicht die einzigen möglichen Nebenwirkungen, gibt Thomas Moore zu bedenken. Weil das Medikament das Sehvermögen, die Konzentration und die Muskelkontrolle beeinflusse, sei die Einnahme für Piloten und Fluglotsen verboten und für Lkw-Fahrer eingeschränkt.
Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass Champix nicht beim ersten Versuch eines Rauchstopps eingesetzt werden soll - sondern erst, wenn alle anderen Methoden gescheitert sind. Doch leider ist die Rauchentwöhnung kein leichtes Unterfangen, in vielen Fällen probieren die Betroffenen viele Methoden ohne Erfolg. Nach Angaben der Forscher versuchen in den USA pro Jahr 36 Prozent der Zigarettenkonsumenten, zu Nichtrauchern zu werden. Aber nur drei Prozent gelingt dies für ein halbes Jahr oder länger.
Ein Pressesprecher von Pfizer teilte mit, das Unternehmen teile die Interpretation der Daten durch die Autoren Moore, Furberg und Singh nicht. Sowohl die europäische Arzneimittelbehörde EMA als auch die FDA hätten aufgrund aller aktuell vorliegenden Sicherheits- und Studiendaten von Champix wiederholt ein wiederholt positives Nutzen-Risiko-Verhältnis für Champix bescheinigt.
In den USA tragen Champix, dort unter dem Namen Chantix vertrieben, und Zyban bereits seit 2009 einen Warnhinweis wegen der möglichen psychischen Nebenwirkungen.
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